Erneuerbar und regional fürs Klima
Es ist keine Frage des „Wie“, sondern des „Wann“
Die Energiewende ist zu einem zentralen Thema der öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Klimawandel geworden. Nicht nur in Fachkreisen beschäftigt man sich heute mit der Abkehr von Kohleverstromung und den Weg zur dezentralen Energieversorgung aus Erneuerbaren. In jedem Fall ist dabei nicht die Frage, ob die Energiebranche auf eine Regionalverstromung umrüsten wird, sondern wann und wie schnell sie diesen Wandel vollzieht. Einige Städte und Gemeinden sind anderen schon weit voraus und vollziehen die Energiewende eigenständig und in vollem Tempo. Doch die Zeit drängt zur Verbreitung einer Ökostromvollversorgung auf ganz Deutschland, denn es häufen sich Studien, die die Gefahren des Klimawandels bestätigen und einen schnellen Ausbau emissionsfreier Energien einfordern.
Besonders die sozioökonomischen Folgen des Klimawandels sind in keinem Fall zu unterschätzen, unterstreicht der „Climate Risk and Response“-Bericht des McKinsey Global Institute. Ein „business-as-usual“-Szenario mit weiter steigenden Treibhausgasemissionen und ausbleibenden Einsparmaßnahmen könne „hunderte Millionen Menschenleben, Billionen von Dollar an Wirtschaftskraft sowie das physische und natürliche Kapital der Welt gefährden“, heißt es darin. Gerade der exportorientierte Wirtschaftsstandort Deutschland könnte durch Wetterextreme seine global orientierten und zeitlich abgestimmten Lieferketten stark gefährden.
Kohleausstieg muss Erneuerbare-Energien-Einstieg sein
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat untersucht, welche politischen und wirtschaftlichen Prozesse nötig sind, um bis zum Jahr 2050 eine klimaschonende menschliche Existenz zu ermöglichen. Ein zentraler Befund ist der schnelle Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen. Stattdessen solle die Umstrukturierung von Subventionen die dezentrale Energiegewinnung in Solar- und Windanlagen begünstigen.
Die Kohlekommission hat im letzten Jahr erstmals einen Fahrplan vorgelegt, wie der nationale Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen ablaufen soll. Im Jahr 2038 soll das letzte Kraftwerk vom Netz gehen. Zu spät, meint unter anderem Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Ein früherer Kohleausstieg sei nicht nur möglich, sondern auch notwendig, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen. „Der Kohleausstieg muss ein Erneuerbarer-Energien-Einstieg sein.“, so Kemfert in einem ntv-Interview. Außerdem kosten die Investitionen der Energiewende unsere Volkswirtschaft drei- bis siebenmal weniger als die zu erwartenden Schäden in Folge des Klimawandels, beziffert die IRENA.
Die Internationale Agentur für erneuerbare Energien (IRENA) hat die Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015 im Blick. Um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müsste der Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030 von derzeit 26 auf 57 Prozent steigen. „Wir sind in das Jahrzehnt der Maßnahmen für erneuerbare Energien eingetreten“, sagte Francesco La Camera, Generaldirektor der IRENA.
Grundlegende Veränderungen des Energiesystems
Die Umrüstung auf eine dezentrale Energiegewinnung ist eine große Aufgabe, die die Energiebranche nur in enger Kooperation mit Politik und Gesellschaft bewältigen kann. Ein gutes Beispiel für das erfolgreiche Einbeziehen und damit auch gesteigertem Engagement der Bevölkerung für Erneuerbare Energien ist Heinsberg in NRW. In Heinsberg werden seit 2001 die lokalen Stromnetze von der Alliander Netz Heinsberg GmbH (Tocherfirma der Alliander AG) betrieben, welches als Schaufenster für nachhaltige und digitale Lösungen fungiert. So werden die Kommunen bei der digitalen Transformation der Energieversorgung unterstützt. Schon 2018 konnte die installierte Leistung aus erneuerbaren Energien bereits das 2,5-fache der Spitzenleistung aller Verbraucher in Heinsberg abdecken. Möglich wurde der zügige Ausbau erneuerbarer Energien einerseits durch die Affinität der Heinsberger zu neuen Themen und ihre Unterstützung des lokalen Netzausbaus. Andererseits versorgt die Alliander Netz Heinsberg GmbH die Bürgerschaft mit einer zuverlässigen und effizienten Anbindung an sauber produzierten Strom. Zukünftig übernimmt eine von Alliander entwickelte Regionalstromplattform die Vernetzung bzw. Versorgung mit lokal erzeugtem erneuerbaren Strom. Die Plattform dient sozusagen als Marktplatz und der Strom bekommt ein Gesicht.
Regionalstromkonzepte erweisen sich nicht nur als alternativlos, sondern bilden die Grundlage für eine zukunftsfähige kommunale Energieversorgung, die außerdem noch zur Wertschöpfung vor Ort beiträgt und Akzeptanz schafft. Investitionen in die Energiewende kosten uns drei- bis siebenmal weniger als die zu erwartenden Schäden in Folge des Klimawandels, beziffert die IRENA.