Heinsberg als Labor für digitale Plattformen auf dem Strommarkt
Unsere Nachbarn in den Niederlanden sind in Digitalisierungsfragen und Smart City Ansätzen weiter. Da lohnt der Blick nach nebenan, hier in Form eines Gesprächs mit Frank Zeeb, CEO der deutschen Alliander AG. Alliander ist ein niederländischer Netzbetreiber mit ca. 7.000 Mitarbeitern, der seit 2001 mit seinen Tochterunternehmen Alliander Netz Heinsberg GmbH, Alliander Stadtlicht GmbH und 450connect GmbH auch in Deutschland aktiv ist.
Wie bewerten Sie die bisherigen Errungenschaften im Bereich erneuerbare Energien bei der Alliander Beteiligung in Heinsberg?
Klimaneutrale Stromnetze sowie die aktive Beteiligung an der Energiewende sind für uns wichtige Kriterien als regionaler Netzbetreiber. Gefragt werden umwelt- und damit zukunftsverträgliche Alternativen bei gleichzeitig garantierter Versorgungssicherheit und ökonomischer Rentabilität. In unserem Schaufenster für digitale Plattformen – Heinsberg – liefern wir den Beweis, dass das auch auf dem deutschen Markt möglich ist. Die Zeiten, in denen die Herkunft des Stroms egal war, sind vorbei. Die grüne Welle hat alle Ebenen unserer Gesellschaft erreicht. Damit wird auch der Strom sichtbarer. Kunden wollen wissen, wie die Energie aus ihrer Steckdose produziert wird und woher sie kommt. Dafür haben wir lokale Wertschöpfungsketten errichtet, die dank neuester technologischer Möglichkeiten über moderne Plattformen jederzeit vernetzt sind.
Welche Geschäftsmodelle haben sich bisher als erfolgreich erwiesen?
Seit Beginn des Heinsberger Netzbetriebs war es uns wichtig, nicht nur offen für neue Technologien zu sein, sondern den Einsatz erneuerbarer Energien noch effizienter zu gestalten. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass vor allem moderne Bottom-Up-Technologien den Anforderungen der digitalisierten Energiewende am besten gerecht werden, die die spezifischen Anforderungen der Kunden berücksichtigen. Alliander nimmt daher die Perspektive des Digital Enablers ein, wodurch die Kunden insbesondere in Heinsberg erstmals die Vorteile einer smarten Stromversorgung genießen können.
Welche Strategie verfolgen Sie in Heinsberg, um sich auf dem sich digitalisierenden Strommarkt in Deutschland vorzubereiten?
Durch die Energiewende wird die Stromproduktion immer dezentraler. Genau wie in anderen Industrien sind Shared Services, Software und Plattformen die großen Themen, die ein Abrücken von klassischen Wertschöpfungssystemen fordern. Dadurch werden komplett neue Standards bezüglich Nachhaltigkeit und Effizienz definiert, die sich dann auch in der Erwartungshaltung der Kunden wiederspiegeln. Der Schlüssel zum Erfolg sind Plattformen. Wir haben z.B. einen digitalen Marktplatz entwickelt, der regionale Konsumenten und Erzeuger zusammenbringt und als Garant für die lokale Herkunft der Energie dient.
Heinsberg funktioniert übrigens vor allem dank unserer guten Beziehung zur Bürgerschaft, lokalen Unternehmen und auch Politik, die alle ein großes Interesse an der lokalen Energiewende zeigen. Wir bekommen immer wieder das Feedback, dass die Innovationen, die sich bisher in den Niederlanden als erfolgreich erwiesen haben, sehr gut in Deutschland aufgenommen werden. Heinsberg ist eine Art Live-Lab für die Umsetzung unserer digitalen Lösungen in Deutschland.
Welche Plattformen sind bei Verbrauchern gefragt und werden sich in Zukunft durchsetzen?
Das Prinzip der Regionalität ist aktuell sehr gefragt – nicht nur in der Energieproduktion, sondern beispielsweise auch in anderen alltäglichen Bereichen wie der Ernährung. Kunden wollen wissen, wo die Energiewende stattfindet und einen Ansprechpartner direkt in ihrer Kommune haben. Das sind in diesem Fall die Stadtwerke, denen wir als „Digital Enabler“ in Kooperation mit der deutschen Energiewirtschaft zur Seite stehen.
Unsere Lösung „Entrnce“ ist ein Beispiel dafür, dass sowohl Kommunen, Verteiler und Bürger von regionaler Vermarktung profitieren können. Stromproduzenten erhalten die Chance, sich in der Region als Marke zu etablieren, während Verbraucher die Kontrolle über ihren eigenen Strommix behalten.
Welches Potenzial sehen Sie in Plattformthemen auf dem deutschen Energiemarkt?
Der Plattformgedanke wird in Zukunft eine essenzielle Rolle für den deutschen Stromvertrieb spielen. Er gibt den Kunden die Möglichkeit, mit den verfügbaren technischen Möglichkeiten über ihren Stromkonsum zu entscheiden, im Prinzip eine basisdemokratische Idee. Durch den Kontakt mit den Stromanbietern über die Plattform können Verbraucher ihre Präferenzen direkt signalisieren.
Dieser Artikel wurde in der Broschüre „Urbane Energiestrategien – Erfolgreiche Projektumsetzung in NRW“ von der EnergieAgentur.NRW veröffentlicht. Hier ist der Link zum Download: https://broschueren.nordrheinwestfalendirekt.de/broschuerenservice/energieagentur/urbane-energiestrategien-erfolgreiche-projektumsetzung-in-nrw/3176